Montag 09. Januar 2012 400 km

Wir sitzen beim Frühstück, und draußen treibt der Wind immer noch so stark den Sand vor sich her, dass wir kaum die andere Straßenseite sehen, und hier sind die Straßen nicht sehr breit. Es hilft nichts, wir müssen wieder raus in den Sturm. Sprit brauchen wir auch dringend. Im nächsten Ort soll es eine Tankstelle geben. Wir fahren in den abseitsgelegenen Ort rein, fahren die Hauptstraße rauf und wieder runter – keine Tankstelle. Wir fragen jemanden nach der Tankstelle, und er erklärt uns den Weg – na Gott sei dank. Wir fahren der Beschreibung nach – aber keine Tankstelle. Wir fragen wieder. Die Gegenfrage nach unserer Reiserichtung kommt mit der Antwort: Nach Norden 40 km, nach Süden 90 km, aber hier im Ort gibt es keinen Sprit. Ja wie jetzt? Wir versuchen nochmals die erste Beschreibung und jemand springt uns fast vor das Mopped. Woher und wohin, usw. Tankstelle? Claro, übernächste Ecke rechts?!?! Wir biegen wie uns geraten ab; und da stehen sie, die etwas betagten Zapfsäulen. „Rastaman“ kommt auch gleich und hilft uns weiter, auch mit Siggis berühmt-berüchtigter Frage „wovon leben die hier?“: von einem Ölfeld in 30 km Entfernung ! Auf den nächsten Kilometern versuchen wir das Erlebte zu verarbeiten. Hatten die Leute keine Ahnung – wollen aber helfen. Unwahrscheinlich, da mit Sicherheit Einheimische, oder können sie den Tankwart nicht leiden? Fragen über Fragen.

Wir diskutieren sie in der Provinzhauptstadt Chos Malal, wo ein lebendiger Ort Kaffee Cortado (die seltene Alternative zum Nescafe) und Tostadas anbietet. Der Sturm wird immer schlimmer, was auch die Menschen hier für ungewöhnlich stark halten. Unser Mitleid gilt den Fahrradfahrern, die aber teilweise aufgeben und auf eine Mitnahmegelegenheit hoffen. Noch 150 km, dann drehen wir nach Westen in die Anden ab und sind froh, diese Stürme hinter uns lassen zu können. Hinter uns lassen wir damit aber auch Argentinien. Die Stecke steigt rauf in die Berge, rauf zu den Araukarien, für die der Paso de Pino Hachado berühmt ist. Die dicken Wolken oben in den Bergen lassen erahnen, dass es bald mit Wärme und Trockenheit vorbei ist.

Die argentinische Grenzstation erreichen wir im ersten Regen. Die Abfertigung geht zügig, und ebenso fahren wir weiter aufwärts. Die Temperatur fällt auf 6 °C – ein harter Kontrast zu 38 °C gestern noch . Fünfzig Kilometer weiter kommt, schon wieder in tieferen Lagen und im strömenden Regen, die chilenische Zollstation. Wieder nur eine Viertelstunde, bis wir durch sind; und noch 40 km, dann erreichen wir Lonquimay. Wir glauben, uns nach Schweden verirrt zu haben. Das Wetter, der Baustil, die Farben, das Interiör, alles deutet daraufhin. Das ausgewählte Hostal sorgt fürsorglich für uns. Wir sitzen in der „guten Stube“, alles ist liebevoll und leicht vertüddelt eingerichtet, und Madam kocht für uns ein Abendessen mit Vorsuppe, Rinderbraten mit Reis, Gemüse und Salat. Zum Dessert steht dann auch noch ein Stück Kuchen auf dem Tisch. So versorgt erholen wir uns schnell von der Etappe.

"Rastaman" in Buta Ranquil
"Rastaman" in Buta Ranquil
die Gegend wird so flach, dass dieser Kegelberg einfach ins Auge sticht
die Gegend wird so flach, dass dieser Kegelberg einfach ins Auge sticht
der wird es wohl nicht mehr lange machen. So etwas können wir uns in Chile nicht vorstellen, aber Argentinien ist spürbar ärmer
der wird es wohl nicht mehr lange machen. So etwas können wir uns in Chile nicht vorstellen, aber Argentinien ist spürbar ärmer
neben uns ziehen die Staubfahnen durch, zum Glück meistens parallel zu uns; aber wehe, wenn sie oder die Straße die Richtung wechselten
neben uns ziehen die Staubfahnen durch, zum Glück meistens parallel zu uns; aber wehe, wenn sie oder die Straße die Richtung wechselten
westlich von Las Lajas auf die Anden zu wird die Luft wieder klarer, und es kommen wieder Farben durch
westlich von Las Lajas auf die Anden zu wird die Luft wieder klarer, und es kommen wieder Farben durch
auf den Paso de Pino Hachado zu
auf den Paso de Pino Hachado zu
und endlich Araukarien
und endlich Araukarien
nur als Indikator für die Windstärke: das war nur noch die Hälfte von dem, was wir unten in der Ebene erlebt hatten
nur als Indikator für die Windstärke: das war nur noch die Hälfte von dem, was wir unten in der Ebene erlebt hatten

Aus dem Regen haben wir keine Bilder

Dienstag, 10. Januar 2012 333 km

Es ist wie schon oft auf Reisen der Punkt gekommen, an dem die Luft draußen ist. Auch am Morgen hängen die Wolken noch tief, es ist kalt (13° C) und das Frühstück war chilenisch-mager. (Nescafe, harte Brötchen und ein Hauch Marmelade). Wir wollen nach Valdivia, aber ein Anruf in „unserem“ schönen Hostal vom letzten Mal endet nur mit einem „Nada“. Ohne Begeisterung buchen wir eine Alternative. Und genauso lustlos reißen wir die gut 330 Kilometer ab. In Valdivia führt uns das Navi ins Villenviertel. Kein Hostal zu sehen. Nochmals zurück – Straße und Hausnummer stimmen. Wir sind irritiert. Aber auf unser Klingeln kommt ein älterer Herr, ursprünglich Schweizer, und führt uns ins Haus. Wir bekommen anscheinend das Schlafzimmer des Ehepaares. Als wir draußen in der Sonne Platz genommen haben, kommt Senora heim, vereinnahmt und verwöhnt uns wie ihre Kinder. Auch ihr Mann taut auf, weil er endlich wieder mit jemandem auf französisch reden kann. Später “dürfen“ wir in die Stadt gehen. Wir genießen noch die Stadt im Abendlicht und essen leckere Pastagerichte.


Mittwoch, 11. Januar 2012

Letzter Motorradreisetag. Die Stimmung ist schon etwas gedrückt. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Osorno hatte auch nicht gerade einen guten Eindruck hinterlassen, der Vorfreude aufkommen lässt. Die 120 Kilometer sind schnell überwunden und wir checken im Hotel Eduvijes (das einzige, das diesen Titel nach unseren mitteleuropäischen Kriterien verdient) ein. Sonia bei Motoadventura möchte das Mopped erst nach 15:00 Uhr zurück haben. So bleibt etwas Zeit, in der Sonne zu relaxen, alles in Ruhe auszupacken und das Navi schon wieder abzubauen. Bei Motoadventura geht alles gewohnt professionell und reibungslos. Halbleerer Tank, verkratzter Sturzbügel und geschrotteter Spritzschutz werden mit rund 50 € ausgeglichen. Wir sind zufrieden. Ich hatte mir sehr ein chilenisches Original-Motorradkennzeichen gewünscht. Sonia hatte mir aber gemailt, dass dies nicht machbar wäre; und nun hat sie doch noch eins von der alten „African Twin“ ihres Mannes aufgetrieben. Einer der Mitarbeiter bringt uns zurück zum Hotel. Unser nächster Weg führt uns in die Stadt, zum LAN-Büro. Meine Recherche im Internet (check-my-trip) hatte nämlich ergeben, dass mein Rückflug nicht mehr existierte, Siggis dagegen schon. Wie sich heraus stellte, handelte es sich um einen Fehler, der beim Umbuchen in Santiago auf dem Hinweg entstanden war. Aber auch der Punkt wurde reibungslos gelöst.